FinanzanlagenvermittlerrechtAm 27.10.2011 hat der Bundestag dem Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein „Gesetzes zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts“ (FinAnlVG) zugestimmt. Die Vorlage wurde auf Empfehlung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages vom 19.10.2011 angenommen. Wesentliche Änderungen gegenüber dem Gesetzentwurf der Bundesregierung sind die Aufnahme der „Alte-Hasen“-Regelung und die Ausweitung der Bereichsausnahme auf Private Placements. Unverändert geblieben ist die Zuständigkeit der Gewerbeaufsichtsämter als Aufsichtsbehörden.

Mit dem Gesetz werden die seit einiger Zeit geltenden Pflichten für Banken und Sparkassen im regulierten Bereich des Kapitalmarktes auf Anbieter des bislang weitgehend unregulierten Marktes ausgedehnt. Dazu gehört neben dem Nachweis einer entsprechenden Sachkunde und einer Berufshaftpflichtversicherung unter anderem auch, Provisionen offen zu legen und Beratungsprotokolle zu führen und dem Anleger zur Verfügung zu stellen. Finanzanlagenvermittler und ihre Berater und Vermittler müssen sich künftig registrieren lassen.

Für Finanzdienstleistungsinstitute bedeutet dies, dass die aufsichtlichen und anlegerschützenden Vorschriften des WpHG und KWG sechs Monate nach Verkündung dieses Gesetzes auch für den bislang weitgehend unregulierten Bereich der Vermögensanlagen im Sinne des § 1 Abs. 2 Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) gelten.

I. In-Kraft-Treten

Auf dem Weg zur Erlangung der Gesetzeskraft bedarf das „Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts “ noch der Verkündung durch den Bundespräsidenten, die voraussichtlich in den kommenden Wochen erfolgen wird.

Das „Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts “ tritt grundsätzlich sechs Monate nach Verkündung in Kraft. Eine Ausnahme gilt für die Regelungen zur neuen Erlaubnis nach § 34f GewO. Diese treten erst dreizehn Monate nach Verkündung, also voraussichtlich Ende 2012/Anfang 2013 in Kraft.

II. Erlaubnispflicht und –voraussetzungen

1. Grundsatz: Erlaubnispflicht mit Sachkundeprüfung

Künftig bedarf jeder, der gewerbsmäßig zu Anteilsscheinen an Kapitalanlage- oder Investmentaktiengesellschaften, KG-Anteilen an geschlossenen Fonds oder sonstigen Vermögensanlagen im Sinne von § 1 Abs. 2 VermAnlG anlageberatend oder -vermittelnd tätig wird, einer Erlaubnis nach § 34f GewO. Die Erlaubnis muss bei den Gewerbeaufsichtsämtern beantragt werden. Das Anforderungsniveau für eine Erlaubnis nach § 34f GewO wird gegenüber der bisherigen Regelung in § 34c GewO um zwei Voraussetzungen erweitert. Neben Zuverlässigkeit (auch des leitenden Personals) und geordneten Vermögensverhältnissen müssen Antragsteller die notwendige Sachkunde nachweisen. Mitarbeiter, die direkt an der Beratung oder Vermittlung mitwirken, müssen künftig ebenfalls auf Sachkunde und Zuverlässigkeit geprüft werden. Für den Sachkundenachweis sind Prüfungen bei den IHK vorgesehen, deren nähere Ausgestaltung durch die §§ 1 ff. der Verordnung zur Einführung einer Finanzanlagenvermittlungsverordnung (FinVermV) geregelt werden soll. Diese befindet sich noch im Entwurfsstadium.

2. Ausnahmen

2.1. Ausnahmen von der Erlaubnispflicht

Ausnahmen von der Erlaubnispflicht gelten lediglich für

  • Kreditinstitute mit KWG-Erlaubnis bzw. Zweigstellen im Sinne von § 53b Abs. 1 S. 1 KWG,
  • Kapitalanlagegesellschaften mit InvG-Erlaubnis bzw. Zweigniederlassungen im Sinne von § 13 Abs. 1 S. 1 InvG,
  • Finanzdienstleister, die eine KWG-Erlaubnis für Anlageberatung oder -vermittlung besitzen, oder
  • Gewerbetreibende, die als vertraglich gebundene Vermittler unter einem Haftungsdach tätig werden (§ 2 Abs. 10 KWG).

2.2. Ausnahmen für bestimmte Berufsgruppen und „Alte-Hasen“

Ausnahmen von der verpflichtenden Sachkundeprüfung sollen für bestimmte Berufsgruppen gelten. Die §§ 4 und 5 FinVermV-E sehen vor, dass Personen mit einem entsprechenden (insbesondere bankkaufmännischen) Ausbildungshintergrund keine gesonderte Prüfung ablegen müssen.

Durch die im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages am 19.10.2011 beratenen und durch den Bundestag am 27.10.2011 angenommenen Änderungsanträge ist die sog. „Alte-Hasen“-Regelung vom Verordnungsentwurf (FinVermV-E) ins Gesetz gerutscht.

Personen, die seit dem 1. Januar 2006 selbstständig oder unselbstständig ununterbrochen anlagevermittelnd oder -beratend im Sinne des § 34c Abs. 1 S. 1 Nr. 2 oder 3 GewO tätig waren (Nachweis erfolgt durch Vorlage der Prüfungsberichte nach § 16 Absatz 1 Satz 1 der Makler- und Bauträgerverordnung), müssen damit nunmehr (definitiv) gemäß § 157 Abs. 3 GewO ebenfalls keine Sachkundeprüfung ablegen.

3. Übergangsregelungen

3.1. Erlaubnisantrag

Gewerbetreibende, die spätestens 13 Monate nach der Verkündung des Gesetzes über eine Erlaubnis nach § 34c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 3 GewO verfügen, müssen längstens 19 Monate nach Verkündung des Gesetzes eine Erlaubnis als Finanzanlagenvermittler nach § 34f Abs. 1 GewO beantragen. Wird die Erlaubnis unter Vorlage der bisherigen Erlaubnisurkunde beantragt, werden die Zuverlässigkeit und die Vermögensverhältnisse nicht erneut geprüft.

Die Erlaubnis nach § 34c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 3 GewO erlischt mit der bestandskräftigen Entscheidung über den Erlaubnisantrag nach § 34f GewO, spätestens aber mit Ablauf der Frist von 19 Monaten für die Beantragung der Erlaubnis nach § 34f GewO. Bis zu diesem Zeitpunkt gilt die Erlaubnis nach § 34c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 3 GewO als Erlaubnis nach § 34f GewO.

3.2. Sachkundenachweis

Gewerbetreibende, die unter keine der Ausnahmen fallen (vgl. oben 2.) müssen spätestens 37 Monate nach der Verkündung des Gesetzes ihre Sachkunde nachweisen, andernfalls erlischt die Erlaubnis.

Mitarbeiter, die direkt bei der Beratung und Vermittlung mitwirken, sind ebenfalls verpflichtet, innerhalb dieser Frist die erforderliche Sachkunde zu erwerben, sofern diese nicht schon nachweisbar vorhanden ist oder auf eine der oben genannten Ausnahmen zurückgegriffen werden kann.

III. Wesentliche Regelungen

Gegenüber dem Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 06.06.2011 für ein „Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts“ enthält das verabschiedete Gesetz insbesondere die nachfolgenden wesentlichen Änderungen.

1. Private Placements von Bereichsausnahme umfasst

Die Bereichsausnahme in § 2 Abs. 6 Nr. 8e KWG, die Finanzanlagenvermittler – wie im Bereich der Investmentfonds – berechtigt, künftig Vermögensanlagen zu vermitteln und zu beraten, ist im weiteren Gesetzgebungsverfahren dahingehend geändert worden, dass die Beschränkung der Ausnahme auf den Vertrieb von öffentlich angebotenen Vermögensanlagen weggefallen ist. Damit können auch künftig Vermögensanlagen im Rahmen so genannter Private Placements mit einer Erlaubnis nach § 34f GewO vertrieben werden.

2. Informations-, Beratungs- und Dokumentationspflichten

Die FinVermV-E sieht umfassende Informations-, Beratungs- und Dokumentationspflichten für Finanzanlagenvermittler vor.

Über die Tätigkeit als Finanzanlagenvermittler, die hierzu erteilte Erlaubnis sowie über die empfohlenen bzw. vermittelten Anlageprodukte muss künftig umfassend aufgeklärt werden. Hierzu müssen Finanzanlagenvermittler die finanziellen Verhältnisse, Ziele, Kenntnisse und Erfahrungen von Anlegern erfragen. Sie müssen auf die relevanten Risiken hinweisen, ggf. in standardisierter Form.

Ergänzend dazu müssen Finanzanlagenvermittler vor Abschluss des Geschäfts Produktinformationsblätter über die jeweiligen Finanzanlagen zur Verfügung stellen. Sowohl das verwendete Informationsmaterial als auch Werbemitteilungen müssen redlich, eindeutig und nicht irreführend sein. Werbung ist darüber hinaus als solche zu kennzeichnen.

Finanzanlagenvermittler müssen künftig über Zuwendungen informieren, die sie von Dritten für die Beratung oder Vermittlung erhalten.

Die Beratung bzw. Vermittlung muss in einem Beratungsprotokoll dokumentiert werden, das in seinen Anforderungen weitestgehend den Regelungen des WpHG sowie der WpDVerOV entspricht.

3. Unternehmensorganisation

Hinsichtlich der Unternehmensorganisation müssen Finanzanlagenvermittler sicherstellen, dass ihre Mitarbeiter die in der FinVermV-E festgelegten Informations-, Beratungs- und Dokumentationspflichten einhalten. Die Einhaltung dieser Pflichten muss durch einen geeigneten Prüfer (z.B. Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, Prüfungsverbände) jährlich testiert werden.

Hinweise zum Artikel

Diese Artikel ist ein Beitrag aus dem Newsletter der Kanzlei Dr. Roller & Partner Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft in München. Wir bedanken uns für die freundliche Überlassung zur Veröffentlichung.

Sollten Sie weitere Fragen haben oder Unterstützung benötigen, können Sie uns jederzeit gerne an uns oder die Anwälte der Kanzlei wenden. Verfasser dieses Beitrags sind Rechtsanwalt Urs Böckelmann und Rechtsanwalt Dr. Philipp Hendel.

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Source: Dialog